Energiezukunft gestalten in Brüssel: Manfred Cadez

Manfred Cadez wurde 2021 von Gas Connect Austria, wo er zuletzt als Senior Sales Manager tätig war, zu ENTSOG in Brüssel entsandt. Der Klosterneuburger über seine Aufgaben als Market Advisor, den Gamechanger Wasserstoff und seine persönlichen Sightseeing-Tipps.

Ob auf der Tribüne des König-Baudouin-Stadions oder im Pub bei Bier und Pommes: Manfred Cadez liebt es, in Brüssel seiner Fußballpassion nachzugehen. Werte wie Teamgeist und Fairness schätzt er auch im Beruf: Seit 2021 ist er von Gas Connect Austria zum Verband Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber für Gas (ENTSOG) entsandt. Als Market Advisor gestaltet er die Zukunft der europäischen Gasversorgung mit.

ENTSOG: Partner für Netzbetreiber

Über 40 Fernleitungsnetzbetreiber arbeiten bei ENTSOG unter einem Dach. Die Organisation entstand 2009 und geht auf das dritte EU-Energie-Paket zur Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte zurück. Zu den Aufgaben zählt etwa die Überwachung und Umsetzung der Netzkodizes. Dabei handelt es sich um Regelwerke, die die Integration und die Effizienz des Gasbinnenmarktes unterstützen. Zudem erarbeitet ENTSOG Zehnjahrespläne zur Entwicklung des Gasnetzwerks und garantiert den Informationsfluss zwischen den Marktteilnehmer:innen. Weitere Infos finden Sie hier: ENTSOG

Rechtliche Vorgaben am Prüfstand

Welche wirtschaftlichen Folgen haben neue Rechtsvorschriften für die europäischen Gasfernleitungsnetzbetreiber? Diese Frage steht im Zentrum von Manfred Cadez Arbeit. Als Leiter der Arbeitsgruppe „Balancing“ im Fachbereich „Markets“ hat er mit seinem siebenköpfigen Team die geplanten Richtlinien und Verordnungen im Blick. „Zudem beschäftigen wir uns mit Finanzierungsthemen und betreiben laufendes Marktmonitoring“, erklärt der Niederösterreicher. Dabei analysieren die Expert:innen etwa, wie die einzelnen Mitgliedsstaaten die vorgegebenen Netzkodize umsetzen und welche Auswirkungen das u.a. auf deren Bilanzierung hat.

Ein Fokus liegt auch auf dem „Fit for 55“-Paket. Das europäische Klimagesetz macht die Verwirklichung des Klimaziels der EU rechtlich verpflichtend. Dieses sieht vor, die Treibhausgas-Emissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden. „Wir nehmen neue Entwürfe genau unter die Lupe“, berichtet Cadez. Die Ergebnisse und Änderungsvorschläge präsentiert das Team in monatlichen Arbeitsgruppenmeetings den Mitgliedern. „Natürlich haben auch unsere Mitglieder verschiedene Interessen“, so Cadez. „Uns ist es wichtig, Kompromisse zu finden und möglichst alle Positionen in einen gemeinsamen Entwurf zu gießen – da ist Diplomatie und Gelassenheit gefragt.“

Internationale Erfahrung im Gepäck

An seinem Job schätzt Manfred Cadez besonders die Chance, an wichtigen Entscheidungen mitzuarbeiten. „Es ist aufregend, sich in neue Themen einzulesen und dazu dann zum Beispiel in einer Panel Diskussion Rede und Antwort zu stehen“, meint er. Darüber hinaus genießt der leidenschaftliche Weltenbummler das internationale Flair in der Europa-Hauptstadt Brüssel. In seinem Team treffen Vertreter:innen aus Ländern wie Polen, Belgien, Frankreich oder der Slowakei aufeinander. Hinzu kommt der laufende Austausch mit den Kolleg:innen von Gas Connect Austria in der Heimat.

Bei seiner Arbeit hilft dem studierten Betriebswirt mit Schwerpunkt Rechnungswesen und Steuerlehre sein reicher Erfahrungsschatz. Bereits 2000 zog es Cadez für ein Auslandsengagement als Financial Controller nach Australien. Danach folgten weitere Stationen als Finance Director in Libyen, Neuseeland und Kasachstan. „Wer einmal von diesem Reisefieber ergriffen ist, kommt nicht mehr davon los“, erzählt er. Immer mit dabei ist seine Frau Gabriela. Auch ihre beiden gemeinsamen Söhne reisten mit um die Welt.

Manfred Cadez vor dem Brüsseler Triumphbogen: An der belgischen Hauptstadt genießt er das internationale Flair.

Fokus auf Wasserstoff und Versorgungssicherheit

Ein weiteres Hot Topic für Manfred Cadez und sein Team ist Wasserstoff. Der vielseitig einsatzbare Energieträger gilt als Gamechanger der Branche. Auf dem Weg zur Marktreife sind im Rahmen des Gasdekarbonisierungs- und Wasserstoffpakets der EU zahlreiche rechtliche Spielregeln zu definieren. Das reicht vom Transport über die Finanzierung bis zu Kriterien für Qualität und Herkunft. Darüber hinaus steht das Thema „Unbundling“ im Blickpunkt. Inwieweit müssen Erdgas- und Wasserstoffaktivitäten künftig getrennt werden? Was ist gesellschaftsrechtlich zu beachten? Braucht es eine eigene Dachorganisation für Wasserstoff? Noch gibt es keine klare Marschroute.

„Mit dem Kriegsausbruch in der Ukraine haben sich die Antworten auf diese Fragen leider verzögert“, schildert Cadez. Denn der Fokus von ENTSOG hat sich seither klar in Richtung Versorgungssicherheit gedreht. Hinzu kommen aktuelle Herausforderungen rund um alternative Gasrouten und steigende Energiepreise. Dennoch ist es wichtig, langfristige Systemumstellungen nicht auf die lange Bank zu schieben. „Für das Gelingen der Energiewende müssen jetzt die Weichen gestellt werden“, ist Manfred Cadez überzeugt.

Gas-Update beim Summer Supply Outlook

Wie steht es um die europäische Gasversorgung? Diese Frage rückt ENTSOG zweimal jährlich bei Energie Outlooks ins Zentrum. Die Berichte geben einen Überblick über das abgelaufene Halbjahr und entwerfen eine Prognose zu künftigen Entwicklungen am Gasmarkt. Mit dem Summer Supply Outlook 2023 wird im April das nächste Update veröffentlicht. Mehr Informationen finden Sie unter: ENTSOG: Outlooks & Reviews

Pommes, Schokolade und Bier

Privat fühlt sich Manfred Cadez in Brüssel mittlerweile wie zuhause. Gemeinsam mit seiner Frau lebt er in einer Wohnung im Stadtzentrum. Das Office von ENTSOG befindet sich im EU-Viertel und ist nur wenige U-Bahnstationen entfernt. „Der öffentliche Verkehr ist sehr gut ausgebaut, zudem gibt es zahlreiche Restaurants sowie tolle Geschäfte – zum Beispiel in der Galerie Royal“, so der Familienvater, dem auch die liberalen Ladenöffnungszeiten am Sonntag entgegenkommen.

An der belgischen Küche schätzt er gutes Bier ebenso wie knusprige Pommes und Schokoladenspezialitäten. „Auch wenn mir der Schweinsbraten aus Österreich manchmal abgeht“, meint er schmunzelnd. Ebenso wie die Möglichkeit, Ski zu fahren. „Zudem machen wir viel Sightseeing“, ergänzt der Hobby-Briefmarkensammler und verweist dabei auf die nahen Reiseziele. Denn Städte wie Brügge, Antwerpen oder Gent sind nur einen Katzensprung entfernt – genauso wie Paris, Amsterdam oder London.

Das kommt dem Fußball-Fan zugute. „Wir sind zum Beispiel schon nach Frankreich gefahren, um uns ein Spiel zwischen LOSC Lille und Red Bull Salzburg anzusehen“, verrät er. „Zum Glück ist meine Gattin Fußball-affin – sonst wäre das nicht möglich“, sagt der Anhänger von Rapid Wien augenzwinkernd. Auch bei ENTSOG wird Manfred Cadez mit viel Leidenschaft am Ball bleiben.

Foto: n. samatar auf Unsplash

Fünf Tipps für Sightseeing in Brüssel

Manfred Cadez hat Brüssel schätzen und lieben gelernt. Seine Top 5 für einen Brüsseltrip – abseits von Atomium und Grand Place:

  • Königliches Belgisches Institut für Naturwissenschaften: Das naturhistorische Museum ist ein Muss für Urzeitfans und zeigt viele Dinosaurierskelette.
  • Belgisches Comicmuseum: Comics gehören in Belgien zum Nationalgut – hier erwachen die Schlümpfe zum Leben.
  • Schaerbeek: Der historische Stadtteil ist ein Paradies für Architekturliebhaber:innen – besonders das alte Rathaus ist einen Besuch wert.
  • Jeanneke-Pis: Während es Manneken-Pis zu Weltbekanntheit schaffte, ist sein weibliches Pendant noch eher unbekannt.
  • Le Cirio: Eine typische belgische Brasserie im Stadtzentrum – mitunter lässt sich auch Wiener-Kaffeehausflair erkennen.